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Psychische Kindeswohl-Diktatur gegen Trennungsfamilien: das autoritäre Subsystem des deutschen Familienrechts

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Mit Beschlüssen über das Wechselmodell hat der BGH eine psychische Kindeswohl-Diktatur erschaffen, die Trennungsfamilien autoritäre Strukturen aufzwingt und sie im Machtkampf zerreibt. Er unterdrückt die plurale, demokratische Erziehung.

In Deutschland gibt es ein wachsendes Problem, das bisher wenig Beachtung gefunden hat: die sogenannte “Kindeswohl-Diktatur” im Bereich des Familienrechts. Diese Problematik betrifft vor allem Kinder und Eltern in Trennungsfamilien, die sich an den Staat wenden, um ihre Rechte und die gleichberechtigte Betreuung der Kinder zu sichern. In diesem Kommentar will ich die Hintergründe und Auswirkungen dieser autoritären Struktur genauer betrachten und mögliche Lösungsansätze diskutieren.

Die Kindeswohl-Diktatur ist im Grunde ein Subsystem der deutschen Familienrechtsprechung, das auf einer autoritären Erziehungslogik basiert. Sie zeigt sich vor allem in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und betrifft Familiengerichte, Jugendämter, Polizei, Verfahrensbeistände, Gutachter und freie Träger, da sie sich daran orientieren. Anstelle einer demokratischen Herangehensweise an die Erziehung von Kindern werden Trennungsfamilien einer autoritären Struktur unterworfen, die besagt, dass nach einer Trennung der Eltern, das Kind hauptsächlich oder sogar ausschließlich bei einem Elternteil leben sollte, wenn sich die Eltern uneins sind.

Diese Form des subsystemischen Autoritarismus im Familienrecht zeigt sich in dieser Annahme, dass Kindern am besten gedient ist, wenn sie entweder von zwei Elternteilen dominiert werden, die gemeinsam mit einer Stimme sprechen, oder wenn nur ein Elternteil nach der Trennung die volle Verantwortung übernimmt, um das Kind alleine zu dominieren, falls die Eltern es nicht gemeinsam schaffen. Wikipedia definiert Autoritarimus folgendermaßen:

“In Abgrenzung zum Totalitarismus ist für den Autoritarismus zutreffender von Mentalitäten zu sprechen als von (politischen) Ideologien und Weltanschauungen. Mentalität ist nach Theodor Geiger „subjektive Ideologie“, aber „objektiver Geist“. Mentalitäten sind psychische Prädispositionen und funktionieren formlos.”

Im herrschenden Familienrecht zeigt sich dieser Autoritarismus darin, dass alle Familienrechtsinstitutionen derselben autoritären Erziehungsgesinnung verbunden sind. Es herrscht also eine Mentalität in den Machtpositionen staatlicher Intervention in Familien, die formlos, also ohne dass es dafür ein Gesetz gibt, Strukturen schafft, die eine demokratische Erziehung in Trennungsfamilien unterdrücken. Subsystemisch ist dieser Autoritarismus, weil er nicht das ganze deutsche Staatsgebilde als übergeordnetes System betrifft, sondern nur einen Teilbereich des Staates, nämlich die Familienrechtsprechung, und auch nur einen Teilbereich der Gesellschaft, nämlich Trennungsfamilien, in denen ein Mitglied vor Gericht geht oder zum Jugendamt.

Gleichzeitig ist die Kindeswohl-Diktatur psychischer Natur. Es wird niemand körperlich gefoltert oder inhaftiert, sondern dies geschieht auf psychische Art und Weise, indem bildlich gesprochen ein Kind in das unsichtbare Erziehungsgefängnis eines Elternteils muss und dieses Kind, sowie der ausgeschlossene Elternteil, psychisch darunter leiden.

Diese autoritäre pädagogische Gesinnung und das entsprechende Vorgehen im Familienrecht ist höchst problematisch, da die Rechte und das Wohl des Kindes im Sinne unseres freiheitlich-demokratischen Wertesystems untergraben wird und nichts davon mit dem Grundgesetz im Einklang steht. Die Kindeswohl-Diktatur betont die gleichgeschaltete Dominanz der Eltern über das Kind und übergeht das demokratische Prinzip einer pluralen Erziehung. Hierbei werden moderne und demokratische entwicklungspsychologische Erkenntnisse wie die von Melanie Klein vernachlässigt. Ihr zufolge brauchen Kinder von Anfang an beide Eltern, um sich mit deren Hilfe vom jeweils anderen Elternteil abgrenzen zu können (sogenannte Triangulierung), aber auch um die Eltern besser zu verstehen, und sich so zu einer “selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit” zu entwickeln, wie es § 1 Abs. 1 im achten Sozialgesetzbuch festschreibt.

Die im Gegensatz hierzu vom BGH den Familiengerichten vorgegebene autoritäre Struktur für Trennungsfamilien ist daher nicht mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar und auch nicht mit den psychologischen Erkenntnissen der Nachkriegszeit. Vielmehr erinnert die einschlägige Rechtsprechung des BGH an die wilhelminische und nationalsozialistische Erziehungslogik und weist Parallelen mit der diskriminierenden Situation in Bezug auf die Frage der Strafbarkeit von Homosexualität im Jahr 1957 auf. Damals entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Homosexualität strafbar sein sollte, weil sie gegen die Sitte verstoße. Der BGH legt in einer juristisch baugleichen Methode in seinem Beschluss von 2017 (Az. XII ZB 601/15) mit dem Kindeswohl (anstelle des ebenso unbestimmten Rechtsbegriff der Sitte) genauso apodiktisch (also willkürlich und aus der Luft gegriffen) fest, dass Eltern Kooperieren und Kommunizieren können müssen, damit das Kind nach der Trennung beide Eltern behält. Der nachfolgend zitierte Leitzsatz der Entscheidung ist das Einfallstor für den Zwang zu einer autoritären Familienstruktur:

Die auf ein paritätisches Wechselmodell gerichtete Umgangsregelung setzt eine bestehende Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der Eltern voraus

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung von 2019 (Az. XII ZB 512/18) den subsystemischen Autoritarismus verstärkt und Eltern von Trennungsfamilien noch stärker in einen Machtkampf innerhalb autoritärer Familienstrukturen gezwungen. Durch die Betonung eines autoritär dominierenden Elternteils, dem sich der andere unterwerfen soll, fördert der BGH eine Hierarchie innerhalb der Familie, die auf Zwang und Unterwerfung beruht. In der Entscheidung von 2019 hat der BGH die Bedingung aufgestellt, dass der unterlegene Elternteil dem überlegenen seine Loyalität erweisen muss, bevor überhaupt eine gleichberechtigte Erziehung in Betracht gezogen wird. Dieser Beschluss veranschaulicht, wie der BGH den Machtkampf zwischen den Elternteilen anstachelt, indem er einen von ihnen in eine Position der Unterwerfung zwingt, um das vermeintliche Wohl des Kindes zu sichern. Sein wichtigster Leitsatz lautet:

Der Anordnung eines Wechselmodells kann entgegenstehen, dass der dieses begehrende Elternteil es an der notwendigen Loyalität gegenüber dem anderen Elternteil fehlen lässt.

Das Problem der Kindeswohl-Diktatur liegt vor allem darin, dass sie sich nicht an einer demokratischen Erziehungslogik orientiert und somit Eltern und Kinder nach einer Trennung in eine autoritäre Struktur zwingt. Anstatt ein Umfeld zu schaffen, das auf Pluralität und Gleichheit basiert, trägt der subsystemische Autoritarismus des BGH zur Eskalation von Konflikten bei und schwächt die Position des unterlegenen Elternteils, was auch das Wohl des Kindes im Hinblick auf eine Erziehung in demokratischen Familienstrukturen beeinträchtigt. Dies hat weitreichende Folgen für die Beziehung zwischen den getrennten Eltern und zwischen diesen Eltern und ihren Kindern, da es eine faire und gleichberechtigte Betreuung durch beide Elternteile verhindert.

Die Gesinnung der Kindeswohl-Diktatur, die in der herrschenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und in der Praxis der Familiengerichte und -senate zum Ausdruck kommt, lässt sich auf autoritäre Erziehungsvorstellungen aus der wilhelminischen Zeit und der Nazizeit zurückführen. Diese anachronistische Sichtweise ist in einer modernen Demokratie fehl am Platz und steht im Widerspruch zu den Grundwerten von Freiheit, Gleichheit und Selbstbestimmung, die unsere Gesellschaft prägen. In der Vergangenheit wurden Kinder oft als Besitz und Objekt der elterlichen Macht betrachtet, wobei das autoritäre Erziehungsmodell darauf abzielte, Gehorsam und Unterordnung zu fördern. Die Kindeswohl-Diktatur, wie sie derzeit angewandt wird, lässt diese veralteten und autoritären Vorstellungen seit 2017 wieder aufleben. Anstatt eine plurale und demokratische Erziehung in Trennungsfamilien sicherzustellen, wird eine Hierarchie etabliert, die den Machtkampf zwischen den Elternteilen verschärft und die demokratischen Prinzipien unserer Gesellschaft untergräbt.

Es soll hier betont werden, dass der BGH nicht etwa inhaltlich die autoritäre und schwarze Pädagogik des Kaiser- und des Nazireichs teilt. Weder soll zum Beispiel unterstellt werden, der BGH vertrete monarchistische Ansichten und setze sich für die Prügelstrafe ein, noch soll behauptet werden, er würde eine der Rassenideologie der Nazis verpflichtete Erziehung fordern. Vielmehr geht es darum, dass der BGH die dahinter stehende autoritäre Erziehungslogik noch verinnerlicht hat. Für ihn ist die Familie nach wie vor nicht der Nukleus der Demokratie, sondern ein Ort, wo Kinder ihre Eltern als gleichgeschaltete, mächtige Führer erleben sollen.

Es ist unverständlich, dass in einer Demokratie, in der die Rechte und Freiheiten des Einzelnen geschützt und geachtet werden, solche überholten und autoritären Konzepte weiterhin Einfluss auf die Familienrechtsprechung haben. Das Kindeswohl muss auf Grundlage einer modernen und demokratischen Sichtweise definiert und geschützt werden, die sowohl die Autonomie, Gleichberechtigung und Würde der Kinder und Elternteile berücksichtigt.

Um diese Problematik zu lösen, müssen wir eine grundlegende Reform des Familienrechts und der Rechtsprechung in Deutschland anstreben. Es ist notwendig, die autoritären Strukturen, die das herrschende Familienrecht den Trennungsfamilien aufzwingt, aufzubrechen und stattdessen eine demokratische Erziehung von Kindern nach Trennung der Eltern zu fördern. Dies kann beispielsweise durch die Einführung des 50/50 Wechselmodells als Standardlösung bei Trennungen erreicht werden, bei dem die Kinder abwechselnd bei beiden Elternteilen leben und somit eine gleichberechtigte und plurale Betreuung gewährleistet ist.

Eine weitere Maßnahme, um die autoritären Strukturen innerhalb des Familienrechts zu überwinden, wäre die Stärkung der Rolle von Mediation, Erziehungsberatung und Therapie in Trennungsfällen. Durch eine stärkere Einbindung von unabhängigen Fachleuten könnten die Bedürfnisse der betroffenen Familien besser berücksichtigt und einvernehmliche Lösungen gefunden werden, die den Interessen aller gerecht werden. Grundlage hierfür muss aber sein, dass der Staat das Wechselmodell garantiert, denn sonst würden die Berater in den Machtkampf der Eltern geraten – wie er heute vom Staat gewollt wird und wie es heute schon der Fall ist.

Eine solche Reform würde nicht nur das Wohl der betroffenen Kinder und Eltern verbessern, sondern auch dazu beitragen, die grundlegenden Werte unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung auch im Bereich des Familienrechts zu verankern.

Wer tiefer in die Problematik einsteigen will, dem sei

empfohlen.

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Autor

  • Sandro Groganz

    Ich habe Freifam gestartet, um mit meiner eigenen Situation als geschiedener Vater besser umgehen zu können. Was ich mir von der Seele schrieb, berührte andere Menschen mit ähnlichen Schicksalen. Da erkannte ich, dass Freifam das Potential zu einer neuartigen Bewegung für Familien hat. In diesem Sinne sehe ich mich als Familien-Aktivist.

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4 comments

  1. TOM 3 April, 2023 at 15:11 Reply

    Wenn das Wertesystem eine einseitige Dominaz vorgibt. Wäre es vielleicht denkbar, dass das kein Zufall ist, sondern dahinter wirtschaftliche Interessen stehen? Wer profitiert von dieser einseitigen Dominanz?
    Und an unsere Kinder gedacht: Welche Folgen sind zu erwarten, wenn die Triangulation aufgebrochen wird und ein Elternteil entsorgt wird? Hat der BGH an die Zukunft unserer Kinder im Blick?

    • Sandro Groganz 3 April, 2023 at 15:15 Reply

      Alles ist ein wirtschaftlicher Anreiz, egal ob aus “guter” oder “schlechter” Motivation heraus. Irgendjemand profitiert immer an jedem System. Die Frage ist, nach welchen universalen Werten ein System strukturiert wird.

      Was denkst du denn, welche Folgen es hat, wenn die Triangulation verhindert wird?

      • TOM 4 April, 2023 at 20:12 Reply

        Das betroffene Kind dürfte beziehungsunfähig (oder zumindest “beziehungsbehindert”) sein und wird womöglich keine eigene Familie haben wollen? Diesem Kind das Modell “einer glücklichen Familie”, die es selbst nicht erlebt hat, als “erstrebenswertes Zielmodell” zu erklären, dürfte äußerst schwierig werden. Hier wäre eine Statistik aufschlussreich. Man muss sich dann nicht wundern, wenn die Gesellschaft schrumpft.

        Wie sollen betroffene Kinder guten Gewissens eigene Kinder haben wollen, nach dieser Lebenserfahrung? Und möglicherweise wird dieses Kind eher psychologische Betreuung brauchen und zahlreiche Therapien brauchen das Leid zu verarbeiten? Gibt es Analysen zu den Folgen? Werden die Therapien von den Krankenkassen übernommen?

        Der entsorgte Elternteil ist möglicherweise angeschlagen bis hin zu “ausgebrannt” eventuell auch arbeitsunfähig, etc. (und auch suizid Quote). Was hat die Gesellschaft dadurch gewonnen? Gibt es auch Vorteile außer die Anzahl der Alleinerziehenden Quote zu maximieren?

  2. TOM 6 April, 2023 at 07:12 Reply

    An sich gibt es kein Interpretationsspielraum für ein Familienrecht das vom Grundrecht eine eigene Interpretation oder Auslegung zulässt:
    GG Artikel 3 Abs. 2: Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
    Fragen:
    1. Wie fördert der Staat die tatsächliche Durchsetzung?
    2. Wie werden Nachteile beseitigt?
    3. Welche Nachteile sind das?

    GG Artikel 6 Abs. 2: Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
    Fragen:
    1. Wie nimmt man seine Pflicht bzw. natürliche Recht wahr?
    2. Wie wacht der Staat darüber? Was wird unternommen?
    3. Hier könnte man die Hüter des Grundgesetzes fragen, wie diese Fragen zu verstehen sind?

    … Presseanfragen an BGH und Verfassungsgericht und der Bitte um Auskunft.

    Und: Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 09.02.2016 – 13 UF 185/15:
    “… Dem Kind kann ganz offensichtlich nicht durch eine Zuordnung der elterlichen Sorge auf die Antragsgegnerin oder auf beide Eltern gemeinsam geholfen werden, sondern durch einen anständigen, wenn schon nicht höflichen oder netten Umgang der Eltern miteinander. Dieses Bemühen um Einvernehmen und Entgegenkommen schulden der Antragsteller und die Antragsgegnerin nicht sich gegenseitig, sondern jeder von beiden ist dazu dem Kind verpflichtet. Mit unterschwelliger oder offen zur Schau gestellten Geringachtung und mit dem Absprechen jeden guten Willens verletzen der Antragsteller und die Antragsgegnerin sich nicht in erster Linie gegenseitig, sondern sie verletzen das Recht des Kindes, das beanspruchen kann (Art. 6 II 1 GG, §§ 1626, 1627, 1631 BGB), dass beide Eltern seinem Wohlergehen größere Aufmerksamkeit widmen als dem Streit miteinander.”
    Fragen:
    1. Wie passt dies zur bisherigen Rechtsprechung?
    2. Wenn dies “unsere” Rechtsprechung ist und das “Wohl des Kindes” im Mittelpunkt steht, dann scheint eine Streit-Kommunikation besser zu sein als eine Nicht-Kommunikation?
    3. Eine einseitige Kommunikation eines Elternteils wird zudem als Nicht-Kommunikation ausgelegt. Wer sagt, dass das richtig ist?

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