Jugendämter und Familiengerichte sind die Meinungs-Herrscher darüber, wie im Streitfall Liebe in der Familie zu definieren und zu strukturieren ist.
Recht unterliegt der Kausalität. A hat B das X angetan, deshalb wird er mit Y bestraft. Liebe funktioniert so nicht. Die Politisierung und Verrechtlichung der Liebe durch Jugendämter und Familiengerichte ist das Problem, weil Liebe hier bedingungsvoll definiert wird.
Dies ist der Kern gleichberechtigter Elternschaft: Es geht um bedingungslose Liebe. Es geht darum, dafür nicht mehr vor Gericht kämpfen zu müssen, sondern die gleichberechtigte Elternschaft bedingungslos garantiert zu haben.
Auf Facebook hatte ich eine Diskussion mit einer Verfahrenspflegerin – einem sogenannten “Anwalt der Kinder”. Sie warf mir vor, ich hätte unsere Kinder zur gleichberechtigten Elternschaft manipuliert. Dies könne sie daran erkennen, dass die Kinder auf die Frage, warum sie 50/50 bei beiden Eltern leben wollen, antworteten:
Das ist halt so.
Kinder, die – gemäß ihrer Einschätzung – nicht manipuliert wurden, würden Antworten geben wie in einem ihrer Fälle:
- Weil das Kind es gerechter finde.
- Weil keiner mehr traurig sei.
- Weil das Kind den Hund “Chipsy”* bei seinem Papa vermisse.
- usw.
Daraufhin schrieb ich ihr:
Du willst Antworten hören. Von unseren Kindern würdest du keine bekommen, weil sie einfach beide Eltern lieben. Das ist alles. “Es ist was es ist, sagt die Liebe”, schreibt Erich Fried. “Das ist halt so” sagen unsere Kinder. Für dich ist das Wechselmodell an Bedingungen geknüpft, für unsere Kinder nicht.
Ich versuche, unsere Kinder bedingungslos zu lieben – alleine dafür lohnt es sich, Vater zu sein:
- Warum habe ich sie in die Welt gesetzt? Das ist halt so.
- Warum unterstütze ich sie in ihrem persönlichen Wachstum? Das ist halt so.
Ich liebe sie nicht unter Bedingungen, wie:
- Ich will mich nicht alleine fühlen.
- Ich will, dass sie es besser haben, wie ich.
- Ich will, dass es ihnen gut geht.
Ich wurde bedingungsvoll erzogen. Manchmal stecke ich selbst fest in meinen Vorstellungen, wie etwas sein sollte. Mein Bezugsrahmen ist jedoch der, dass wir Menschen frei sind, unser Leben gemeinsam zu gestalten, wenn wir erkennen, dass all die Bedingungen in unserem Leben subjektiv sind und selbst konstruiert wurden.
Letztendlich ist auch die bedingungslose Liebe ein Konstrukt, jedoch ein freiheitlicheres als die bedingungsvolle Liebe.
Dass so etwas von vielen Menschen nicht verstanden wird, auch von Jugendamt, Familiengericht und Verfahrensbeistand, verwundert mich nicht. Menschen, die in ihrer juristischen, pädagogischen oder allgemein fachlichen Kausalität gefangen sind, verknüpfen Lieben automatisch mit Bedingungen, wollen Gründe hören, um diese scheinbar rational zu Schlussfolgerungen und Entscheidungen zu verarbeiten.
Das jedoch hat nichts mit einer bedingunslos liebevollen Eltern-Kinde-Beziehung zu tun.
Nur Erwachsene, die Selbstwertprobleme haben, denken, sie müssten etwas, das sie wollen, begründen und rechtfertigen. Die Verfahrensbeiständin auf Facebook ist ein gutes Beispiel dafür, wie Erwachsene ihre lebens- und liebensferne Denkweise auf Kinder projizieren und dann noch denken, sie würden den Kindern damit gerecht werden.
Begründen ist nur nötig, wenn man in seinem falschen Ich lebt. Wer bei sich selbst ist, muss nicht begründen, der lebt und will – weil das halt so ist. Kinder, die begründen sollen, warum sie gleich oft bei beiden Eltern leben wollen, die zwingt man, eine Entscheidung zu treffen. Kinder, die das Wechselmodell wählen, weil sie ihre Eltern wählen, brauchen nichts zu begründen, denn sie haben ihre Wahl schon getroffen.
In dem Video, das anscheinend Manipulation war und weshalb das Jugendamt Ehingen der Mutter unserer Kinder zum Umgangsboykott des Vater geraten hat, haben unsere Kinder gesagt, sie lieben beide Eltern und wollen deshalb bei beiden leben.
Ist die Liebe als Grund ein Beweis für die Manipulation durch den Vater? Wenn es stattdessen Hund Chipsy ist, weswegen sie mehr Zeit mit dem Vater verbringen wollen, dann ist es keine Manipulation? Sollen sich geschiedene Väter einen Hund zulegen (falls noch nicht vorhanden), damit ihre Kinder einen Grund haben, im Wechselmodell bei ihnen zu leben?
Mein ältester Sohn, 4 Jahre alt, sagte bis vor kurzem zu mir immer, wenn ich ihm etwas schenkte:
Papa, ich habe dich lieb, weil du mir das geschenkt hast!
Ich habe ihm dann jedes Mal entgegnet:
Ich habe dich immer lieb, egal ob du mir etwas schenkst!
Ist es negative Manipulation der Kinder, wenn ich ihnen bedingungslose Liebe vorlebe und sie ihren Wunsch nach gleich viel Zeit bei beiden Eltern bedingungslos kundtun?
*Wahrscheinlich heißt der Hund “Gipsy” (engl. Zigeuner), aber die Verfahrensbeiständin hat es auf Facebook so geschrieben.
Es gibt durchaus eine Begründung für diese bedingungslose Liebe (ist der falsche begriff, weil mit der partnerschaftlichen Liebe zu verwechseln, besser ist Bindung);
Die partnerschaftliche Liebe ist eine bis zum gewissen Grad willentlich gewählte, emotionale und erotische Beziehung; die Eltern-Kind-Bindung geschieht auf einer anderen Ebene – auf der genetischen Ebene; in jeder Zelle des Kindes sind 50% Vater und 50% Mutter vorhanden; das Kind liebt seine Eltern nicht, seine Eltern SIND im Kind;
Das hat auch die Psychologie herausgefunden, mit den sog. Selbstrepräsentanzen im Kind; mit einer Abwertung eines ET geht auch eine Abwertung des Kindes einher; und darum kann man in der Pubertät auch mit den Eltern streiten, ohne die Bindung zu verlieren; und wenn ein ET stirbt, dann stirbt auch ein Teil des Kindes;
Aus diesem Grund kann sich ein Kind nicht für oder gegen eine ET entscheiden; es müsste sich für oder gegen sich selbst entscheiden
[…] Warum dürfen unsere Kinder und ihr Vater ihre Liebe zueinander nicht einfach bedingungslos leben? […]
Es gibt sogar folgende Möglichkeit:
Die Familienkonstellation der Restfamilie erhalten, weil dort ja auch die große (Halb-)Schwester der Kinder lebt und diese sich ja auch (öfter) sehen wollen.
Der hinzukommende (Halb-)Bruder auf meiner Familienseite spielt dabei keine Rolle. An sich ist die Argumentation ja schon Schwachsinn, aber dann doch bitte gleich schwachsinnig. Es bleibt aber bei einseitig-schwachsinnig…