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OLG München verhindert dogmatisch paritätisches Wechselmodell mit Hilfe von pervertiertem Kindeswohl

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Oberlandesgericht München

Eine Einzelrichterin am OLG München verhinderte gegen die Empfehlung aller Verfahrensbeteiligten das 50/50 Wechselmodell für drei Trennungskinder. Dahinter dürfte eine politisch dogmatische Position der Richterin stehen.

Bevor wir uns dem Gerichtsbeschluss des OLG München im Verfahren 26 UF 903/20 zuwenden, wollen wir die Auswirkungen auf die betroffenen Kinder schildern, wie sie uns der Vater mitteilte:

Als die Kinder von der Entscheidung hören, ist ein Kind den Tränen nahe. Das andere Kind ist stinksauer. Beide Kinder zeigen sich entsetzt über die Ignoranz, die ihnen zuteil wurde: Ihr unmissverständlich geäußerter Wille, von beiden Eltern gleichberechtigt betreut zu werden, wurde erneut von einem deutschen Gericht übergangen.

Diesmal ist es endgültig, der Rechtsweg ist nämlich ausgeschöpft: Das Oberlandesgericht München hat den Gang zum Bundesgerichtshof – die sog. Rechtsbeschwerde – nicht zugelassen. Es verhindert damit die Überprüfung seiner eigenen, im Alleingang durch eine einzige Familienrichterin, ergangenen Entscheidung.

Aus Sicht von Freifam nicht ohne Grund. Die Überprüfung hätte nämlich aufdecken können, dass das Urteil objektiv unhaltbar sein dürfte.

Die Urteilsbegründung vom 30.11.2021 beinhaltet die folgenden Ausführungen:

“[dass die] Kindeswohldienlichkeit des paritätischen Wechselmodells als hälftig geteilter Ausübung der gemeinsamen Sorge aber auch höhere Anforderungen an die Eltern [stellt] und an das Kind, da bei doppelter Residenz zwischen zwei Haushalten zu pendeln ist und das Kind sich auf zwei hauptsächliche Lebensumgebungen ein- und umzustellen hat”

“da bei der praktischen Verwirklichung der geteilten Betreuung ein erhöhter Abstimmungs- und Kooperationsbedarf besteht”

“Bei bestehender hoher elterlicher Konfliktbelastung wird dagegen in der Regel ein Wechselmodell nicht dem Kindeswohl entsprechen, da das Kind durch vermehrte oder ausgedehnte Kontakte mit dem anderen Elternteil verstärkt mit dem elterlichen Streit konfrontiert wird”

“dass die Installation eines echten Wechselmodells an der fehlenden Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern scheitert”

“differieren die Vorstellungen der Eltern insbesondere zur Gesundheitserziehung derart, dass ein wöchentlicher Wechsel kaum vorstellbar ist”

“Wie ein einwöchentlicher Wechsel der Kinder mit unterschiedlichen Ernährungsvorstellungen, Gesundheitserziehung und Erziehungsstilen kindeswohltauglich funktionieren soll, entzieht sich der Vorstellungskraft des Gerichts”

“Auch der vom Jugendamt geäußerte Hinweis, die aktuelle Umgangsregelung erfordere sogar einen höheren Abstimmungsbedarf, da häufigere Wechsel stattfinden, ist zwar hinsichtlich der Anzahl der Übergaben zutreffend, berücksichtigt aber nicht den darüber hinaus gehenden kontinuierlichen erhöhten Abstimmungsbedarf zwischen den Eltern”

“Auch der Wille der Kinder ist nicht geeignet, die oben genannten Bedenken gegen die Installierung eines Wechselmodells zu beseitigen”

“Dem […] eine testweise Installierung des Wechselmodells favorisierenden Kindeswillen ist daher aus Kindeswohlgründen keine entscheidende Bedeutung beizumessen”

“Angesichts der zu Tage getretenen Differenzen der Eltern erscheint ein Wechselmodell aus den oben genannten Gründen aber dem Wohl der Kinder zu widersprechen, sodass dem Willen der Kinder nicht entsprochen werden kann. Angesichts ihres Alters erscheinen die Kinder, auch die älteren Geschwister, nicht in der Lage, zu überblicken, dass sie zwischen den, verstärkt in Erscheinung getretenen unterschiedlichen Erziehungsvorstellungen, zerrieben werden könnten.”

Die Methoden der Familienrichterin am OLG München dürften sich wohl durchaus als halbseiden bezeichnen lassen. Die aufgeführten Begründungen sind teilweise aus anderen Gerichtsurteilen plagiiert bzw. referenzieren auf diese. Sie sind allerdings komplett sinnfrei: Im konkret zu betrachtenden Fall wäre die praktizierte und vom Gericht nun festgeschriebene Betreuungsregelung nämlich durch exakt dieselben Argumente angreifbar. Würde das Gericht die zueigengemachte Argumentation ernst nehmen, hätte es daher die angeordnete Betreuungsregelung nicht anordnen dürfen. Stattdessen führte das Gericht das Verfahren einseitig und so, dass das offensichtlich bereits zuvor feststehende Ergebnis mit unpassender, teils zurechtgebogener, Pseudoargumentation untermauert gerechtfertigt wurde.

Mit der obenstehenden Argumentationskette rechtfertigt die Einzelrichterin die absolute Unveränderlichkeit der – historisch nur als Übergangslösung vereinbarten – bestehenden Betreuungszeiten, die nach dem Beschluss der OLG München nun unter Androhung von Ordnungsgeld beizubehalten sind:

  • Woche 1:  K1 (11,5 Jahre) von Mittwoch 8 Uhr bis Sonntag 19 Uhr, K2 (9,5 Jahre) und K3 (6,75 Jahre) von Donnerstag 8 Uhr bis Sonntag 19 Uhr
  • Woche 2: K1 von Donnerstag 8 Uhr bis Freitag 18 Uhr, K2 von Mittwoch 8 Uhr bis Freitag 8 Uhr, K3 von Donnerstag 8 Uhr bis Freitag 8 Uhr.
  • Ferienzeiten werden paritätisch zwischen den Eltern aufgeteilt

Auf einen einjährigen Zeitraum bezogen belaufen sich damit die Betreuungszeitanteile des Vaters auf zwischen 44% und 49% (betreuungsfreie Zeiten wie Schulzeiten und Nachtruhe nicht betrachtet). Sie liegen damit unterhalb der Marke von 50%. Dazu das Oberlandesgericht, ohne dass es weitere Untersuchungen anstellte:

“ein paritätisches Wechselmodell wurde jedoch nie gelebt.”

Der Beschluss zeichnet sich außerdem auch dadurch aus, dass das Gericht ihn nicht nur gegen den Willen der betroffenen Kinder, sondern auch gegen die Empfehlung des Jugendamts, gegen die Überzeugung der Verfahrensbeiständin (Freifam berichtete) und gegen den gut begründeten Antrag des betroffenen Vaters fasste. Mit seinem Urteil entsprach es einzig dem Willen der Mutter, deren Hauptmotivation im Verfahren es war, paritätische Betreuungszeiten und damit gleichberechtigte Elternschaft zu verhindern: Die Mutter initiierte zuvor bereits ein Unterhaltsverfahren gegen den Vater mit dem Ziel, ihn zur alleinigen Barunterhaltszahlung zu zwingen.

Die offenkundigen Widersprüche löst das OLG München nicht auf: Wie der angeordnete Betreuungsrhythmus den dargestellten Maßstäben auch nur ansatzweise besser gerecht werden soll, ist der Urteilsbegründung freilich nicht zu entnehmen.

Das Gericht ebnet damit den Weg dafür, dass die Kinder zukünftig nach den Prinzipien des Residenzmodells erzogen werden müssen, was Kindern schadet. Die Kinder wohnen dann nur noch bei einem Elternteil, der andere Elternteil wird lediglich besucht. Die Aufgaben des Besuchselternteils werden im Wesentlichen auf eine Geldzahlung an den Betreuungselternteil reduziert, die Verantwortung für den Alltag der Kinder liegt beim Betreuungselternteil. Das Residenzmodell nimmt Kindern dadurch die Möglichkeit, von ihren Eltern gleichwertig erzogen zu werden. Wie man an der Rechtsprechung des OLG München sieht, reicht dafür bereits eine minimale Abweichung von der exakten 50/50-Gleichverteilung der Kinderzeit.

 

Bildnachweis: Auszug aus Christian Wolf

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Autor

  • Marcel Tschauder

    Das familiengerichtliche Wertesystem entspricht schon lange nicht mehr dem unserer Gesellschaft. Mit ihrer Macht teilen die Familienrichterinnen getrennte Eltern in Gewinner und Verlierer, in „Betreuer“ und „Zahler“ ein, und machen sie zu erbitterten Gegnern. Unweigerlich ist oft Folge für die betroffenen Kinder, dass sie einen Elternteil „verlieren“, weil er durch richterliche Willkürhandlungen aus dem täglichen Leben der Kinder gedrängt wird. Ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dieses zerstörerische und im Verborgenen der immer nichtöffentlichen Gerichtsverfahren stattfindende Treiben zu beenden und das Wechselmodell als Leitbild zu etablieren.

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2 comments

  1. Alex 29 Dezember, 2021 at 08:45 Reply

    Wenn ich das lese , überkommt mich nicht nur Wut. Es überkommt mich die Trauer, das man solche Menschen losslässt auf die Familien und kinder! Sie verschmutzen so ein Amt der Würde!

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