Ich schätze mich glücklich, dass mir im Hintergrund und im Vordergrund viele Väter und Mütter bei meinem Engagement für das Wechselmodell helfen. Einer davon ist Klaus Fiegl. Klaus ist der Vater, der 2017 das Urteil des BGH erwirkt hat, dass das Wechselmodell auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann.
Gestern erhielt ich die Stellungnahme der Verfahrensbeiständin (die sogenannte “Anwältin der Kinder”) zu unserer Situation mit Empfehlungen für das Gericht. Diese werden morgen in der Verhandlung eine Rolle spielen.
Hier die Einschätzung von Klaus:
Lieber Sandro,
Du hast mir den Bericht der Verfahrensbeiständin zur vertraulichen Kenntnisnahme übermittelt. Bitte erlaube, dass ich dazu einige Gedanken formuliere:
So ein Verfahren kenne ich aus eigener Erfahrung recht gut, in der Vergangenheit hatte ich recht erfolglos versucht, das Wechselmodell für meinen Sohn zu etablieren. War damit sogar bis beim Bundesgerichtshof.
Eine Chance auf Wechselmodell sehe ich grundsätzlich nur in der Phase einer frühen Trennung; wenn die Kinder sich an eine verfestigte Situation gewöhnt haben, dann ist da keine Veränderungsbereitschaft mehr vorhanden. Was dann allenfalls noch passieren wird, ist ein vollständiger Wechsel von Kindern hin zu Dir. Das Verfahren hier ist insoweit (zeitlich gesehen) Deine letzte Chance, etwas im Rahmen einer Doppelresidenz zu verändern.
Der Bericht der Verfahrensbeiständin kommt mir irgendwie bekannt vor, es scheint fast, sie hat „copy paste“ eine Stellungnahme (m)eines Jugendamtes übernommen. Das ist wohl der übliche Sozialpadagogen-Sprech. Es ist wohl auch der absolute Standard, dass Kinder immer im häuslichen Umfeld bei der Mutter angehört werden – vermutlich auch noch in deren Hörreichweite.
Dass die Kinder unter der Auseinandersetzung der Eltern leiden, das überrascht jetzt nicht. Dass dann eine „Befriedung“ erzwungen wird, indem ein Elternteil zum Sieger gemacht wird und der andere Elternteil als Verlierer sich kurz- oder mittelfristig aus dem Leben der Kinder verabschieden wird, das ist offensichtlich auch bei dieser Verfahrensbeiständin das kleinere Übel.
Die Verfahrensbeiständin führt sehr blumig aus, dass „Erziehungsvielfalt eine Ressource für Kinder“ sei. Weiterhin dokumentiert sie, dass die Ablehnung der Mutter von materiellen Erwägungen getrieben sei (müsse mehr Stunden unterrichten).
Bis zu meinem BGH-Beschluss zum Wechselmodell war häufig zu hören, dass die Mutter dem Wechselmodell zustimmen müsse, nachdem diese Annahme ganz offensichtlich gegen Rechtsordnung verstoßen hätte, hatte der BGH nunmehr abstrakte Voraussetzungen für ein Wechselmodell definiert ohne diese sachlich zu begründen: Abstimmungs- und Kooperationsbedarf, Kommunikation … . Hier hat der Bundesgerichtshof “Richter-Voodoo” betrieben. Eine Mutter, die das Wechselmodell verhindern will, muss nunmehr den Konflikt (noch weiter) hoch halten und die Kommunikation verweigern – genau das dokumentiert hier auch die Verfahrensbeiständin. Wer Wind sät, wird Sturm ernten!
Absolut unverständlich ist dann die Schlussfolgerung/Empfehlung dieser Verfahrensbeiständin:
Zunächst zwingt sie quasi den Vater zu einer Beibehaltung der bisherigen Umfangsvereinbarung und führt dann weiter aus „… sollte dies nicht möglich sein, sehe ich einen begleiteten Umgang als erforderlich an“ . Wenn das nicht konfliktverschärfend ist: Mutter ist kurz vor dem Ziel, den Vater aus dem Leben der Kinder zu drängen. Noch eine kleine Zutat Konfliktverschärfung und das Menü ist angerichtet. Dass hier Konflikt als Handlungsstrategie angewendet wird, sieht die Begnadete offensichtlich nicht. Das Ganze steigert sich noch, indem therapeutische Hilfen für die Kinder angeregt werden. Na klar müssen die Kinder Verantwortung für die Mutter übernehmen, sonst müsste diese ja mehr arbeiten. Dass hier die Anlagen für ein Borderline-Syndrom gelegt werden, wird großzügig übersehen.
Ich wünsche Dir viel Kraft und dass die weiteren Verfahrensbeteiligten hoffentlich etwas „mehr Licht am Fahrrad haben“.
Viele Grüße
Klaus