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Umwandlung des individuellen Elternrechts in ein Kollektivrecht: Artikel 6 GG und § 1627 BGB

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Das individuelle Elternrecht nach Artikel 6 GG wird durch § 1627 BGB zum Kollektivrecht. Entscheidungen zur Erziehung müssen gemeinsam getroffen werden, was die elterliche Autonomie stark einschränkt.

Das individuelle Elternrecht, wie es in Artikel 6 des Grundgesetzes verankert ist, sichert jedem Elternteil das Recht und die Pflicht, für die Erziehung und Pflege des Kindes zu sorgen. Dieses Grundrecht wird als Individualrecht verstanden, das jedem Elternteil eigenständig zusteht und nicht von der Zustimmung des anderen Elternteils abhängt. Es garantiert jedem Elternteil die Freiheit, Entscheidungen in Bezug auf das Wohl und die Erziehung des Kindes im Rahmen des grundgesetzlichen Schutzes zu treffen.

Doch in der Praxis wird dieses individuelle Elternrecht durch § 1627 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu einem Kollektivrecht umgewandelt. Gemäß § 1627 BGB müssen Eltern die elterliche Sorge gemeinsam und einvernehmlich ausüben. Das bedeutet, dass die elterlichen Rechte nicht mehr individuell ausgeübt werden können, sondern nur noch im Kollektiv der Eltern. Nur wenn beide Elternteile zusammenarbeiten und sich einigen, sind sie im Vollbesitz ihrer elterlichen Rechte.

Diese Umwandlung führt dazu, dass das ursprünglich als individuelles Grundrecht ausgestaltete Elternrecht seine Individualität verliert und in ein Kollektivrecht übergeht. Ein Elternteil kann nicht mehr eigenständig Entscheidungen für das Kind treffen, sondern ist auf die Zustimmung und Kooperation des anderen Elternteils angewiesen. Das Elternrecht wird also nur im Kollektiv vollständig wirksam. Kommt es zu Meinungsverschiedenheiten oder Konflikten zwischen den Eltern, wird die individuelle Ausübung des Elternrechts faktisch blockiert, und der Staat – in Form des Familiengerichts – kann eingreifen und eine Entscheidung treffen.

Diese Umwandlung vom Individualrecht zum Kollektivrecht hat weitreichende Konsequenzen für die Autonomie der Eltern. Die Fähigkeit, eigene Erziehungsentscheidungen zu treffen, wird durch den Zwang zur Einigkeit stark eingeschränkt. Die Eltern sind nur dann voll handlungsfähig, wenn sie als Einheit auftreten. In Fällen, in denen dies nicht möglich ist, kann die Entscheidungsgewalt an das Familiengericht übertragen werden, das dann im Namen des Kindeswohls eine einseitige Entscheidung trifft.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass das Elternrecht in seiner ursprünglichen Form, wie es in Artikel 6 GG garantiert wird, durch § 1627 BGB in seiner Individualität stark eingeschränkt wird. Das ursprünglich als persönliches Recht konzipierte Elternrecht wird somit zu einem Kollektivrecht, das nur in Zusammenarbeit mit dem anderen Elternteil ausgeübt werden kann. Diese Kollektivierung der elterlichen Rechte steht im Gegensatz zum freiheitlichen Gedanken des Grundgesetzes, das die individuelle Verantwortung und Freiheit der Eltern als Grundrecht schützt.

Autor

  • Sandro Groganz

    Chefredakteur - Ich habe Freifam gestartet, um mit meiner eigenen Situation als geschiedener Vater besser umgehen zu können. Was ich mir von der Seele schrieb, berührte andere Menschen mit ähnlichen Schicksalen. Da erkannte ich, dass Freifam das Potential zu einer neuartigen Bewegung für Familien hat. In diesem Sinne sehe ich mich als Familien-Aktivist.

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