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Empathie entsteht beim Hauen

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Unsere Zwillinge stritten sich darum, wer beim Mittagessen neben mir sitzen darf. Ich fragte die beiden, ob ich ihnen helfen kann, ihren Streit zu schlichten, doch sie verneinten. Gut, ich ging in die Küche und begann, das Essen vorzubereiten.

Nach fünf Minuten ging ich aus der Küche ins Wohnzimmer und sah, dass die Jungs auf sich einschlugen, wenn auch auf noch harmlose Art und Weise. Ich fragte sie, ob sie darüber reden wollen, anstatt sich zu schlagen und ob ich ihnen dabei helfen könne? Diesmal verneinten sie vehementer als zuvor. Also ging ich wieder zurück in die Küche.

Nach weiteren fünf Minuten schaute ich wieder nach den Zwillingen. Jetzt kratzten sie sich im Gesicht. “Stop!” rief ich. “Ihr kennt die Regel: Das Gesicht ist tabu. Ihr dürft es nicht verletzen!”. Die Jungs willigten ein. Ich fragte sie wieder, ob sie reden statt schlagen wollen und ob ich helfen könne? Es kam ein sehr lautes “Nein!” von beiden.

Ich wiederholte das Ritual, ging zurück in die Küche und kam nach ein paar Minuten wieder zurück ins Wohnzimmer. Dort konnte ich einem heftigen Ringkampf zuschauen und bot wieder die verbale Lösung, auch mit meiner Hilfe an. Mit schmerzverzerrtem Gesicht riefen beide, wild entschlossen: “NEEEIIIINNN!!!”

Nun gut, ich ging zurück in die Küche. Zu meiner Überraschung öffnete sich nach wenigen Minuten die Küchentüre und einer der Zwillinge trat herein. Dabei wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht: “Papa”, sagte er, “Wir haben uns geeinigt.”. “Das ist ja toll”, antworte ich ihm und drücke meinen Stolz aus. “Wie ist es dazu gekommen und wie habt ihr euch ohne mich geeinigt?”, frage ich ihn.

Er erzählte: “Wir haben uns so stark gestritten, dass wir beide weinen mussten. Dann haben wir aufgehört zu kämpfen. Dann haben wir uns angeschaut und umarmt. Dann haben wir entschieden, dass mein Bruder neben dir sitzen darf.”

Indem ich den Streit nicht eigenmächtig beendet habe, habe ich den Zwillingen die Chance gegeben:

  1. Durch Zuschlagen dem anderen zu zeigen, dass er ihm weh getan hat. Dadurch konnte jeder den Schmerz des anderen spüren und Empathie entwickeln.
  2. Den Streit jederzeit selbst oder mit meiner Hilfe nicht mehr körperlich, sondern verbal zu lösen.
  3. Zu erleben, dass die körperliche Auseinandersetzung zwar die sofortige Befriedigung des Rückschlags bringt, aber keine gemeinsame Lösung ermöglicht, wenn man immer noch eine Schippe Gewalt oben drauf legt.

Es ist wichtig, einen Streit der Kinder nicht sofort und immer zu unterbrechen, weil man es als moralisch falsch ansieht oder es einen ständig überfordert. Natürlich darf auch das manchmal sein, aber grundsätzlich achte ich darauf, dass ich unsere Kinder streiten lasse und ich mich selbst für eine verbale Lösung anbiete.

So lernen Kinder mit der Zeit, sich verbal auszudrücken, anstatt zuzuschlagen und sich nur so stark zu verteidigen wie es nötig ist, ohne eine heftigere Gegenreaktion zu riskieren.

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Autor

  • Sandro Groganz

    Ich habe Freifam gestartet, um mit meiner eigenen Situation als geschiedener Vater besser umgehen zu können. Was ich mir von der Seele schrieb, berührte andere Menschen mit ähnlichen Schicksalen. Da erkannte ich, dass Freifam das Potential zu einer neuartigen Bewegung für Familien hat. In diesem Sinne sehe ich mich als Familien-Aktivist.

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Bildquelle: Landtag von Baden-Württemberg

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