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Verzeihen und Bestrafen

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Im Umgang mit Schuld ist die klassische Aufteilung in Deutschland die, dass Mütter verzeihen und Väter bestrafen. Jede dieser Vorgehensweisen für sich alleine ist zu wenig und jede davon kann positive wie negative Folgen haben.

Die negativen Folgen sind:

  • Verzeihen: Wird alles sofort verziehen, dann bildet ein Kind kein Gewissen aus. Es gibt keinen Anreiz für das Kind, sich selbst zu regulieren. Ihm wird quasi erlaubt, auf immer ein verantwortungsloses Kind zu sein. Die positive Seite des Verzeihens ist, dass man damit anerkennt, wir sind alle menschlich und machen Fehler.
  • Bestrafen: Wer ständig bestraft, nimmt dem Kind die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Das Kind erstarrt innerlich. Es wird immer mehr Angst vor neuen Herausforderungen haben, da sie zu Fehlern und zur Bestrafung führen könnten. Die positive Seite des Bestrafens ist, dass man dadurch lernt, dass ein schlechtes Verhalten Konsequenzen hat.

Beide, Verzeihen und Bestrafen, hängen zusammen: Erst wenn ich meine eigenen Fehler erkenne, erlebe ich mich als fehlbaren Menschen und kann anderen ihre Fehler verzeihen. Meine Fehler erkenne ich jedoch erst, wenn ich die Konsequenzen meines Handelns verstehe.

Dass Verzeihen weiblich ist und Bestrafen männlich, wird daran deutlich, dass mit den Geschlechtern so umgegangen wird, wie von ihnen erwartet wird, dass sie mit Schuld umgehen. Man lässt sie spüren, wie sie sein sollen. In Deutschland wird Frauen vieles verziehen. Wenn sie ihren Mann schlagen, dann “hat er es wohl verdient” oder die Frau ist psychisch krank. So oder so verdient sie Mitgefühl. Schlägt jedoch ein Mann seine Frau, dann ist dies unverzeihlich und muss hart bestraft werden.

Die Kunst ist, dass beide Elternteile, Mutter wie Vater, das Verzeihen und Bestrafen ausgewogen und adäquat einsetzen. Zum Beispiel sage ich unseren Kindern, wenn sie mich mit einem Schimpfwort beleidigen, dass ich es nicht gut finde, wenn sie mich beschimpfen, dass ich aber auch merke, dass sie wütend sind und ich gerne erfahren möchte, warum sie sich so fühlen.

Natürlich kann darauf die Androhung einer Strafe und schließlich die Strafe selbst folgen, falls die Beschimpfung weiter andauert. Gleichzeitig bringe ich zur gegebenen Zeit immer das Verständnis wieder ins Spiel, um die dahinter liegenden Emotionen und Gründe für das Verhalten zu verstehen (für mich und das Kind). Indem ich unseren Kindern damit implizit ihr Verhalten verzeihe und sie darüber reflektieren lasse, ermögliche ich ihnen, sich zukünftig selbst besser zu verstehen und zu regulieren. Gleichzeitig setze ich Grenzen, wenn meine Persönlichkeit angegriffen wird, ohne selbst beleidigend zu sein.

Unsere Kinder erleben so die Konsequenz ihres Tuns, den Fehler, sowie die Motivation dazu, um zukünftig gegensteuern zu können. Die Reflexion der eigenen Gefühle führt heraus aus dem Verzeihen-Bestrafen-Schema hinein in den eigenen freien Willen.

Scheidungskriege stehen im Spannungsfeld zwischen Verzeihen und Bestrafen, doch interessanterweise mit vertauschten Rollen. Die Frau, die sich selbst als die (wie von ihr gesellschaftlich erwartet) ständig Verzeihende erlebt hat, hat es satt und wird zur ständig Bestrafenden. Der Mann, der versucht hat, seine unkontrollierbare Frau mit Bestrafungen zu zähmen, wird selbst zahm und verzeiht seiner Frau vieles, damit wieder Friede einkehrt.

Natürlich führt nichts davon zu Frieden, weil beide im anderen Extrem des gesellschaftstypischen Rollenmuster gelandet sind. Mit der Zeit bietet sich jedoch die Chance, dass der Rollentausch zu gegenseitigem Verständnis führt. Leider unterbinden Familiengerichte diese heilsame Dynamik, indem sie die streitenden Eltern wieder in die traditionell vorgesehenen Rollen verweisen: Der Mutter wird verziehen, dass sie den Vater aus der Kinderbetreuung ausgrenzt, während der Vater dafür bestraft wird, dass er vor Gericht für die Kinder kämpft und Unfrieden stiftet.

Die Familiengerichte unterbrechen folglich einen Emanzipationsprozess, der durch die Trennung der Eltern in Gang gesetzt wurde. Damit nehmen sie den Kindern die Möglichkeit, dass ihre Eltern den positiven Umgang mit Verzeihen und Bestrafen lernen und vor allem erkennen, dass beides in der Kombination nötig ist.

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Autor

  • Sandro Groganz

    Ich habe Freifam gestartet, um mit meiner eigenen Situation als geschiedener Vater besser umgehen zu können. Was ich mir von der Seele schrieb, berührte andere Menschen mit ähnlichen Schicksalen. Da erkannte ich, dass Freifam das Potential zu einer neuartigen Bewegung für Familien hat. In diesem Sinne sehe ich mich als Familien-Aktivist.

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Bildquelle: Landtag von Baden-Württemberg

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